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Besuch Königin Elizabeths II. im Jubiläumsjahr der Queen’s Lecture

Pomp and Circumstance am 24. Juni 2015

Die TU Berlin hatte im Jubiläumsjahr der Queen’s Lecture die große Ehre, Königin Elizabeth II. und ihren Gemahl Prinz Philip, Herzog von Edinburgh, zum Festakt „50 Jahre Queen’s Lecture“ an der Universität begrüßen zu dürfen. Als Ehrengäste waren Bundespräsident Joachim Gauck, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Michael Müller, Regierender Bürgermeister von Berlin, anwesend.

 

 

Die Lecture: "Symbols of a Nation"

Rund 20 Minuten hatte Neil MacGregor, der designierte Gründungsintendant des Humboldt-Forums, um die diesjährige Queen’s Lecture zu halten: Doch innerhalb dieser Zeit entfaltete der Direktor des Britischen Museums virtuos einen Bilderreigen, mit dem er dem deutschen Publikum einen tiefen Einblick in die britische Seele offenbarte: Er zeigte, was die bereits seit Jahrhunderten dokumentierte Tierliebe des britischen Königshauses mit der Entwicklung des Parlaments zu tun hat, warum einer der Nachfahren des deutschen Dackels „Daeckel“ – ein Geschenk der Deutschen an Queen Victoria 1845 – neben den Corgis noch heute um Königin Elizabeths II. Beine streift, warum der große britische Komponist George Frederick Handel „durch einen glücklichen Zufall“ auch gleichzeitig der große deutsche Komponist Georg Friedrich Händel ist und warum die Erfinder großer Gartenkulturen am liebsten auf dem nassen Rasen spazieren gehen. Auch den Beweis des britischen Humors bis hinauf ins britische Königshaus blieb der Lecturer nicht schuldig: Das Jahr 1953 habe nicht nur die Krönung des wichtigsten Symbols des Commonwealth, Elizabeth II., Königin von England, gesehen. In deren Schatten sei ein weiteres Symbol Großbritanniens geboren worden, das schnell weltweit bekannt wurde: Ian Flemings Geheimagent Ihrer Majestät 007 „Bond – James Bond“. Das staunende Publikum wurde Zeuge, wie Ihre Majestät zur Eröffnung der Olympiade 2012 in London mit James Bond aus einem Hubschrauber absprang.

Polyglotter Europäer, überzeugter Kosmopolit und Weltenkenner

Neil MacGregor, Direktor des British Museum und designierter Gründungsintendant des Humboldtforums hielt die Queen’s Lecture 2015

Voller Vorfreude wurde Neil MacGregor, der Direktor des Britischen Museums, nicht nur von den Gästen der Queen’s Lecture 2015 erwartet, sondern von ganz Berlin – zumindest von allen Kulturinteressierten. Er gab der Stadt sein „Ja-Wort“ und nahm das Angebot der Kulturstaatsministerin Monika Grütters an, Gründungsintendant des Humboldtforums im Berliner Stadtschloss zu werden. Zwar wird das Schloss erst 2019 fertig sein und das Humboldtforum als Weltkultur-Museum auch dann erst öffnen, doch Neil MacGregor tritt sein Amt in Berlin bereits im Oktober 2015 an, denn: „Gut Ding will Weile haben“. Für das inhaltliche Konzept des Museums, über das die Welt reden soll, sind die Ziele hoch gesteckt.

Berlin hätte kaum einen besseren Mann für diese Herausforderung finden können als Neil MacGregor. Er leitet das altehrwürdige, 1753 gegründete Britische Museum. Das Museum ist heute mit 6,7 Millionen Besucherinnen und Besuchern die meist besuchte Attraktion im Vereinigten Königreich. 35 Millionen Menschen gehören zu seinem virtuellen Publikum. Und das ist vor allem der Verdienst des Historikers, Philosophen und Juristen. In den zurückliegenden acht Jahren steigerten er und sein Team die Besucherzahl um mehr als zwei Millionen. Über 270.000 Schulkinder besuchen die renommierte Kultureinrichtung jährlich und lassen sich mitnehmen auf eine Reise durch Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Er besitzt eine einzigartige Fähigkeit, Kultur und Geschichte lehrreich und unterhaltsam zu vermitteln. Er deckt wichtige Verbindungen auf, die großen Zusammenhänge und Einflüsse zwischen dem Gestern und Heute, zwischen den Kulturen rund um den Erdball, und stellt sie durch die genaue Betrachtung von musealen Objekten klar dar. Das bewies er unter anderem in drei großen Ausstellungs- und Radioprojekten, die in den vergangenen Jahren ein Millionenpublikum anzogen. Alle wurden auch als Bücher zu Bestsellern.  Zunächst erzählte er „Eine Geschichte der Welt in 100 Objekten“, die Menschheitsgeschichte von ihren Anfängen vor zwei Millionen Jahren bis in die Gegenwart. Er erklärte Museumsstücke vom steinzeitlichen Werkzeug bis zur Kreditkarte, die in sich von ganzen Gesellschaften berichten, von den komplexen Prozessen ihrer Entstehungs- und späteren Gebrauchszusammenhänge . 2012 wurde „Shakespeare’s Restless World“ veröffentlicht. In dieser Serie erklärte Neil MacGregor anhand von Objekten aus der Zeit William Shakespeares den politischen, religiösen und wirtschaftlichen Wandel, der sich im Elisabethanischen Zeitalter abspielte.

Das dritte Projekt – die Ausstellung und Radioserie endeten im Januar 2015 – lag dem Museumsdirektor und Deutschlandkenner, ja, einem bekennenden „Deutschland-Fan“, besonders am Herzen:  „Germany: memories of a nation“. Auch hier erklärte er anhand von Objekten aus Vergangenheit und Gegenwart den schwierigen Prozess der Selbstfindung dieser Nation in seiner bewegten Geschichte und besonders nach der Wiedervereinigung. Damit vermittelte er der britischen Öffentlichkeit, die vielerorts mit Deutschland entweder den Nationalsozialismus oder Preußen verbindet, die Widersprüchlichkeiten der deutschen Kultur, deren besonderen Umgang mit der eigenen Vergangenheit und deren Weiterentwicklung zum Zentrum Europas.

Wie sein Blick so ist auch seine Tätigkeit weltumspannend.  Er koordinierte internationale museale Bemühungen um Kulturschätze zu retten, die in den Krisenregionen dieser Welt von der endgültigen Zerstörung bedroht waren und sind. Er ist im internationalen wissenschaftlichen Beirat der Eremitage in St. Petersburg tätig, und er berät das Chhatrapati Shivaji Maharaj Vastu Sangrahalaya, früher das Prince of Wales Museum, im Herzen Mumbais, das sich ebenfalls auf den Weg gemacht hat, eine Kulturstätte von Weltruf zu werden.

Der 68-jährige Weltenkenner wurde mit Preisen überhäuft – und von der Queen selbst mit dem „Order of Merit“ ausgezeichnet. 2008 wählte ihn die „Times“zum „Briten des Jahres“. Auch deutsche Institutionen wurden schnell auf ihn aufmerksam. 2010 erhielt er den erstmals verliehenen Internationalen Folkwang-Preis vom Museumsverein des Museums Folkwang in Essen, im Mai 2015 verlieh die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung dem „polyglotten Europäer und überzeugten Kosmopoliten“ den Friedrich-Gundolf-Preis für die Vermittlung deutscher Kultur im Ausland. Mitte Juni wird er in Berlin von der Deutschen Nationalstiftung den Deutschen Nationalpreis für sein Wirken um ein besseres Verständnis Deutschlands in Großbritannien erhalten.

Neil MacGregor, Jahrgang 1946, studierte Sprachen in Oxford, Philosophie an der Ecole Normale Supérieure in Paris und Jura in Edinburgh. Er lehrte Kunstgeschichte und Architektur am Courtauld Institute of Art in London sowie an der University of Reading. Ab 1981 gab er The Burlington Magazine heraus und wurde 1987 Direktor der National Gallery. Seit August 2002 ist er Direktor des British Museum, wo sein besonderes Augenmerk vor allem auch der Entwicklung von regionalen und internationalen Partnerschaften galt.

Autorin: Patricia Pätzold