Inhalt des Dokuments
Forscher weisen bioaktive Zellverbände am trockensten Ort der Erde nach – Modell für Bedingungen auf dem Mars – Veröffentlichung in PNAS
- Feldforschung in Chile - Marsähnliche Landschaft in der chilenischen Atacama-Wüste, nahe der Probenentnahmestelle Yungay.
[1]
- © TU Berlin / Atacama-Project
Es sieht aus wie auf
dem Mars: Die Atacama-Wüste, die sich nahe der Pazifikküste Chiles
rund 1200 Kilometer entlangzieht, ist der trockenste Ort der Erde
außerhalb der Polarregionen. Oft fällt dort jahrzehntelang kein
einziger Regentropfen. Und dennoch: auch in dieser unwirtlichen Region
gibt es Leben. Es harrt dort in den Salz- und Staubkrusten aus,
toleriert Sauerstoff-, Wasser- und Nahrungsmangel – und erwacht,
wenn minimale Feuchtigkeitsmengen auftreten. Eine internationale
Forschergruppe rund um den Astrobiologen Prof. Dr. Dirk Schulze-Makuch
von der TU Berlin hat in dem „Atacama – Dry Limit of Life
Project“ drei Jahre lang methodologisch aufwendige Untersuchungen
durchgeführt, und in verschiedenen Erdschichten Bakterien und andere
Zellverbände nachgewiesen, die in ihren Stoffwechselaktivitäten
jahrelange Pausen einlegen können, ohne zu sterben. Ihre Ergebnisse
und Untersuchungsmethoden beschreiben die Forscher*innen in einem
Artikel der amerikanischen Fachzeitschrift PNAS, der diese Woche
erscheint.
„Die Atacama-Wüste sieht nicht nur so
aus wie die Marsoberfläche, auch die Umweltbedingungen sind bis zu
einem gewissen Grad vergleichbar“, erklärt Dirk Schulze-Makuch.
„Das war ein wesentliches Kriterium für die Auswahl dieses Ortes
für die Feldforschung.“ Der TU-Forscher, Astronom und Mikrobiologe,
beschäftigt sich mit der Suche nach den Grenzen des Lebens, mit der
Frage, ob es außerhalb unserer Erde habitable, also bewohnbare Zonen
auf anderen Planeten gibt. Das Atacama-Projekt wurde zum großen Teil
aus einem Forschungspreis des Europäischen Forschungsrates, dem
ERC-Grant, finanziert, mit dem er 2013 an die TU Berlin kam.
Jahrzehntelange Pausen
- Feldforschung in Chile - Die Probenentnahmestelle Lomas Bayas (Atacama-Wüste / Chile)
[2]
- © TU Berlin / Atacama-Project
Insgesamt drei Expeditionen unternahm die Forschungsgruppe nach Chile. Die erste Probenentnahme auf der Oberfläche und aus tieferen Schichten fand im April 2015 statt. Immer wieder stießen die Forscher auf Zellen und DNA, aber es musste geklärt werden: Woher kommt dieses Material? Sind dies durch atmosphärische Verwirbelungen eingetragene Zellen aus anderen Regionen, die dort langsam sterben? Oder wurden die mikrobiologischen Organismen sogar durch menschliche Kontamination eingebracht? Oder ist diese Extremwüste tatsächlich noch ein Habitat? Dirk Schulze-Makuch und seine Kolleg*innen konnten aktive Bakterien finden, einige die sich sogar teilten. Allerdings fand die Probenentnahme nur kurze Zeit nach einem durch das Klimaphänomen El Niño hervorgerufenen Regenfall statt, dem ausgiebigsten seit Beginn der Aufzeichnungen 1978. Es gab in den folgenden Jahren zwei weitere Expeditionen mit Probenentnahmen an sechs verschiedenen, viele Kilometer auseinanderliegenden Orten in der Wüste. Aufwendige Feuchtigkeitsmessungen, DNA-Untersuchungen und andere innovative Messmethoden ergaben dabei eine teils große Vielfalt an Spuren, Biomarkern, von Bakterien, Pilzen und anderen DNA-haltigen stoffwechselaktiven Einzellern. Offenbar sind diese in der Lage, schon mit nur extrem wenig Wasserzufuhr, zum Beispiel aus Nebel, der vom Meer herzieht, oder Absonderungen unterirdischer Kristalle und Mineralien, ihren Stoffwechsel zu aktivieren, sich zu vermehren und beim vollständigen Fehlen dieser Bestandteile wieder über Jahre „einzuschlummern“.
- Feldforschung in Chile - Aufbau zur Sammlung von atmosphärischem Wasser an der Probenentnahmestelle Lomas Bayas
[3]
- © TU Berlin / Atacama-Project
„Auf dem Mars
fällt natürlich kein Regen“, so Schulze-Makuch. „Aber es gibt
auch dort flüssiges Wasser in Form von Wasserfilmen auf Mineralen,
Nebel, Grundwasser und sogar ab und zu durch nächtlichen Schneefall.
Insofern kann die hyper-aride Kernzone der Atacama-Wüste, in der wir
ein vorübergehend bewohnbares Habitat mit kurzzeitig aktiven Mikroben
entdeckt haben, als Arbeitsmodell für den Mars gelten. Darüber
hinaus gibt es mit unseren Ergebnissen ausreichend Grund zu der
Annahme, dass entsprechendes Leben auf dem Mars gefunden werden
kann.“
Wesentliche Beiträge von deutschen
Forschungsgruppen wurden geleistet von den Arbeitspartnern unter der
Leitung von Dirk Wagner und Kai Mangelsdorf am GeoForschungsZentrum
Potsdam, Mark Gessner und Hans-Peter Grossart am IGB Leibniz-Institut,
Michael Schloter und Philip Schmitt-Kopplin am HMGU Helmholtz Zentrum
München, Rainer Meckenstock und Alexander Probst von der Universität
Duisburg-Essen, Frank Keppler von der Universität Heidelberg,
Jean-Pierre de Vera vom DLR, und Lars Wörmer von der Universität
Bremen.
Projektwebsite:
http://www-astro.physik.tu-berlin.de/Atacama-project/ [4]
Der vollständige Artikel „Transitory Microbial Habitat in
the Hyperarid Atacama Desert“ ist online verfügbar unter:
doi.org/10.1073/pnas.1714341115 [5]
PNAS (Proceedings of the National Academy of Sciences of the
USA)
Die wissenschaftliche Fachzeitschrift PNAS
(Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States
of America) wird von der amerikanischen National Academy of Sciences
herausgegeben. PNAS hat eine international sehr hohe Reputation. Nach
Nature und Science hat sie den höchsten Impact Factor aller 64
multidisziplinär ausgerichteten Fachzeitschriften weltweit.
www.pnas.org [6]
Weitere Informationen erteilt Ihnen gern:
Prof. Dr. Dirk Schulze-MakuchTU Berlin
Fakultät II Mathematik und Naturwissenschaften
Zentrum für Astronomie und Astrophysik
Tel.: 030/314-23736
E-Mail-Anfrage [7]
00710/Medieninformationen/2018/pi036_Atacama_Project_1.
JPG
00710/Medieninformationen/2018/pi036_Atacama_Project_2.
JPG
00710/Medieninformationen/2018/pi036_Atacama_Project_3.
JPG
t/
nfrage/parameter/de/font3/id/193345/?no_cache=1&ask
_mail=YAnQawACybyeMMZA5YEH%2B3%2FzQ8LnhLCUTbnmjcsy2sJZd
oS7RWH87A%3D%3D&ask_name=DIRKSM