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Wie in Kantinen, Mensen und Schulen mehr nachhaltige Speisen angeboten und gekauft werden können / Einladung zur Abschlusstagung vom 21. bis 23. Februar 2018
Gibt es in der Mensa keine
Tabletts, verringern sich die Essensreste. Steht das kleine Wörtchen
„cool“ vor Karotte, animiert das Kinder dazu, mehr davon zu essen,
und wenn ihnen auch noch erzählt wird, dass Batman gern Karotten
knabbert, könnte der Möhrenverzehr plötzlich durch die Decke
schießen. Und Gerichte, die auf der Speisekarte oben beziehungsweise
rechts unten platziert sind, werden mehr gekauft.
Wenn es
darum geht, nachhaltige und gesunde Speisen in Schulen, Kindergärten,
Betriebskantinen und Mensen an Verbraucherinnen und Verbraucher zu
bringen, funktionieren diese Entscheidungshilfen sehr gut. Ein
wichtiges Ergebnis des Verbundprojektes „Entwicklung, Erprobung und
Verbreitung von Konzepten zum nachhaltigen Produzieren und Konsumieren
in der Außer-Haus-Gastronomie – NAHGAST“ ist,
dass die Verbraucherinnen und Verbraucher es ausdrücklich
befürworten, auf diese unterschwellige, sanfte Art und Weise
angestoßen zu werden, sich für den Gemüseauflauf und nicht für die
Bratwurst zu entscheiden.
Psychologen sprechen vom Nudging.
Darunter wird das Anschubsen eines Menschen verstanden, um sein
Verhalten in eine gewünschte Richtung zu verändern, ohne mit
Verboten oder Geboten zu agieren oder die Auswahlmöglichkeiten
einzuschränken. Das Teilprojekt zur Verbraucheransprache leitete
Prof. Dr. Nina Langen, Fachgebiet Bildung für Nachhaltige Ernährung
und Lebensmittelwissenschaft der TU Berlin. Es war eingebunden in ein
Konzept, das Wege zu nachhaltigeren Speiseangeboten und eine
entsprechende Nachfrage analysierte in einem Verbund aus Forschenden
der TU Berlin, der FH Münster, dem Faktor 10 – Institut für
nachhaltiges Wirtschaften und dem Wuppertal Institut für Klima,
Umwelt, Energie gemeinsam mit sechs Unternehmen der
Außer-Haus-Gastronomie. Prof. Dr. Petra Teitscheid von der FH
Münster leitete das Gesamtprojekt „NAHGAST“.
Mit der Tagung „Nachhaltig angerichtet – ZuTATen für die
Transformation der Außer-Haus-Gastronomie“ findet es nun nach
dreijähriger Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und
Forschung (BMBF) seinen Abschluss. Sie sind zu der Tagung herzlich
eingeladen:
Zeit: | 21. bis
23. Februar 2018 21. Februar: 17.00–19.00 Uhr 22. Februar: 9.00–21.00 Uhr 23. Februar: 9.30–12.00 Uhr |
---|---|
Ort: | TU Berlin,
Marchstr. 23, 10587 Berlin, Raum MAR
0.011 |
Bitte melden Sie
sich an unter: www.fh-muenster.de/nahgast
Die
Außer-Haus-Gastronomie, zu der Kantinen, Tankstellen, Imbissbuden und
die Schulspeisung genauso gehören wie Fast-Food-Ketten und
Gourmetrestaurants, ist einer der florierendsten Wirtschaftszweige
innerhalb der Nahrungsmittelindustrie mit einem Umsatz von über 73,6
Milliarden Euro im Jahr 2015. Das war ein Anstieg im Vergleich zu 2014
von 3,4 Prozent. Die Außer-Haus-Gastronomie ist neben dem
Lebensmitteleinzelhandel der zweitwichtigste Absatzkanal für die
Ernährungsindustrie. Und noch ein interessanter Fakt: Zwischen 2005
und 2015 sind die zu Hause eingenommenen Mahlzeiten um drei Milliarden
zurückgegangen. „Allein aufgrund der Größe ist dieser Sektor
deshalb ein enorm wichtiger Hebel, um eine nachhaltige Ernährung
voranzubringen, aber das wird noch zu wenig genutzt. Viele Speisen in
der Außer-Haus-Gastronomie entsprechen nicht den anerkannten
Ernährungsempfehlungen und haben gravierende ökologische und soziale
Effekte“, sagt Prof. Dr. Nina Langen. Ziel des Projektes war es
deshalb unter anderem, den Betreibern von Kantinen, Mensen,
Großküchen, Restaurants praxisnahe Werkzeuge an die Hand zu geben,
mit denen sie auf einfache Weise ihre Speisen nachhaltig zubereiten
können. So soll der Nachhaltigkeitsgedanke zunehmend in diesem Sektor
verankert werden.
Zugrunde gelegt wurde ein breiter
Nachhaltigkeitsbegriff, der Ökonomie, Ökologie, Soziales und
Gesundheit umfasst. Für jeden Bereich wurden verschiedene Indikatoren
festgelegt. Für Gesundheit waren es zum Beispiel die Indikatoren
Zucker- und Salzgehalt, im Bereich der Ökologie unter anderem der
Ressourcenverbrauch und der CO2-Fußabdruck, im Bereich Soziales, ob
die Produkte fair gehandelt werden.
Für die Großküchen
wurde – federführend vom Wuppertal Institut und dem Faktor 10 –
ein Instrument entwickelt, mit dem sie ihre Speiseangebote im Hinblick
auf Nachhaltigkeit bewerten können. Diese Bewertung erfolgt anhand
einer Vielzahl von Indikatoren und errechnet sich in einer Excel-Datei
weitgehend automatisch. Die Forscherinnen und Forscher konnten mit
Hilfe des Instrumentes besonders nachhaltige Gerichte auswählen, an
denen verschiedene Nudging-Interventionen untersucht wurden.
Die Kundinnen und Kunden wurden befragt, wie sie eingebunden werden
möchten, um sich für eine nachhaltige Speise zu entscheiden. Sie
konnten wählen zwischen Information, Nudging und Partizipation. Das
Votum fiel eindeutig zugunsten des Nudging (Anschubsens) aus.
„Information? – Nein, danke!, Partizipation? – Bloß nicht!, so
das auch für uns etwas überraschende Fazit“, sagt Nina Langen.
„Essen hat etwas mit Pause zu tun und da möchte man nicht mit
Informationen über Kinderarbeit oder darüber, dass das Eisbein dem
Bluthochdruck nicht förderlich ist, konfrontiert werden. Besser
kommen da Aussagen an wie ‚Der Chefkoch empfiehlt‘ oder eine
kreative Bezeichnung der Speise wie ‚Westfalen trifft Asien:
westfälischer Spitzkohl neu interpretiert‘.“ Aber auch die
Anbieter präferierten mehrheitlich den Weg über das Anschubsen ihrer
Kundinnen und Kunden, um sie zum Griff nach einer nachhaltigen und
gesunden Speise zu bewegen.
Getestet haben die
Wissenschaftler auch, wie ein Label aussehen könnte, das eine Speise
als nachhaltig und gesund kennzeichnet. Zur Wahl standen eine Ampel,
ein Schieberegler und ein Kreis. Am besten kam ein dreiteiliger
Schieberegler mit den Informationen Umwelt, Gesundheit und Tier- und
Menschenwohl an. Abgelehnt wurden negative Informationen über die
Folgen für Mensch, Tier und Umwelt, die mit einem Gericht
einhergehen. Gewünscht wurden positive Aussagen wie Bio, regional,
saisonal vegan/vegetarisch, fair. „Interessant war, dass die
Verbraucherinnen und Verbraucher über den CO2- und
Wasserverbrauch-Fußabdruck der Speise keine Informationen haben
wollten, obwohl diese Faktoren enorm wichtig sind, um die
Nachhaltigkeit zu beurteilen“, so Nina Langen. „Wahrscheinlich
werden diese Indikatoren mit einer nachhaltigen und gesunden
Ernährung noch nicht in Zusammenhang gebracht.“
Übrigens: In Mensen ohne Tabletts minimieren sich zwar die
Essensreste, aber die Studierenden neigen dann dazu, keinen Salat mehr
zu nehmen, auf das Dessert verzichten sie aber nicht. Und Gebote wie
„Donnerstag ist Veggie-Tag“ bewirken das Gegenteil. Sie aktivieren
eher den Widerspruch.
Die Homepage des
Verbundprojektes: www.nahgast.de
Weitere Informationen erteilt Ihnen gern:
Prof. Dr. Nina LangenTU Berlin
Fachgebiet Bildung für Nachhaltige Ernährung und Lebensmittelwissenschaft
Tel.: 030/314-73366
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