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Das „Marie-Curie-Phänomen“ – Frauen als Ausnahme
Mittwoch, 01. Februar 2017
Medieninformation Nr. 19/2017
Wie in technischen Museen Kulturgeschichte geschrieben wird – Ideen für eine neue Museumspraxis
„Was Eingang in die Museen findet, ist vielfach auch das, was zum kulturellen Erbe wird“, sagen Dr. Hannah Fitsch und Dr. Daniela Döring vom Zentrum für Interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung der TU Berlin (ZIFG). „Gerade in den Technikmuseen ist die Randstellung der Frau besonders auffällig.“ Das Projekt „Gender; Technik; Museum – Strategien für eine geschlechtergerechte Museumspraxis“ hat Vorschläge erarbeitet, wie vorhandenes Genderwissen in der Museums- und Ausstellungspraxis umgesetzt werden kann. Eine Publikation ist soeben erschienen.
Oft tauchten Frauen als Ehefrau und Begleitung, als Arbeiterin in weiblich stigmatisierten Sphären, als Konsumentin, im Haushalt oder als Exotin und Ausnahmefall auf. Oder indirekt: der Schminkspiegel in der Sonnenblende auf der Beifahrerseite von Fahrzeugen oder der ihr zugedachte hintere Sitz auf dem Tandem ohne Steuerungsmöglichkeit. Die Genderdebatte ist zwar in den letzten Jahren auch in den Technikmuseen angekommen, doch noch allzu oft präsentiert sich die Auseinandersetzung mit diesem Thema in der Ausstellungspraxis in Form von Gegenüberstellungen und Ergänzungen. Den vielen männlichen Erfindergeschichten werden einige wenige Biografien weiblicher Erfinderinnen gegenübergestellt – und dann zumeist auch immer nur diejenigen derselben wenigen Frauen wie Marie Curie, Käthe Paulus oder Ada Lovelace. Auch werden die Damen immer mit Vornamen genannt – anders als die Heerschar an Männern wie Benz, Edison, Porsche oder Wright. „Marie-Curie-Phänomen“ nennen Martina Griesser und Nora Sternfeld diese Erscheinung in einem Beitrag über neue Strategien des Ausstellens, die dazu führen können, den erlernten Blick zu verlernen. Der Beitrag ist einer von neun weiteren in der neu erschienenen Publikation „Gender; Technik; Museum – Strategien für eine geschlechtergerechte Museumspraxis“, die die Ausgangssituation und die Ergebnisse des gleichnamigen vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Vorhabens am ZIFG beschreibt.
Weibliche Leistungen erhalten den Sonderstatus des Andersseins
„Die feministische Frauen- und Genderforschung
hat vielfach die Ausschlüsse von Frauen aus den großen
Geschichtserzählungen nachgewiesen, besonders in den Technik- und
Naturwissenschaften“, erklärt Hannah Fitsch wie sich die Situation
darstellt. „Die Sammlungen und Repräsentationen in technischen
Museen konzentrieren sich vornehmlich auf große Maschinen, Apparate
und Original-Objekte mit technischen Daten wie Eisenbahnen,
Webstühle, Fahrräder, Computer und vernachlässigen
kulturgeschichtliche und geschlechtspolitische Lebensbedingungen.“
Die Einsichten der letzten Jahre zur differenzierten Museumsgestaltung
hätten zwar bereits partiell Eingang in die Museumspraxis gefunden,
doch noch sei die Aufgabe nicht gelöst, weibliche Leistungen in die
Inszenierung zu integrieren, anstatt ihr den Sonderstatus des
Andersseins zuzuweisen.
Ziel des Projekts war
es zum einen, den Erfahrungsaustausch und die Vernetzung von
Technikmuseen, der Geschlechterforschung und Förderprogrammen für
Frauen in Naturwissenschaft und Technik zu initiieren und zum anderen
das Innovationspotenzial der Genderforschung in die museale Praxis
einzubringen und auch die Museen im Ringen um eine Neudefinition zu
unterstützen. Die Auftaktkonferenz fand 2015 am Deutschen
Technikmuseum in Berlin (DTMB) statt, das auch aktiver Partner im
Projekt war. Unter anderem wurden empirische Daten in fünf
technischen Museen erhoben. Sie hielten fest, welches Genderwissen,
welche Kompetenzen in der Sammlungs-, Ausstellungs-, Vermittlungs- und
Personalpolitik vorhanden sind ohne, dass sie in jedem Fall Umsetzung
finden. Neben dem DTMB waren das Deutsche Museum München, das
Technische Museum Wien, das Militärhistorische Museum Dresden sowie
das Museum der Arbeit Hamburg beteiligt.
Daniela
Döring und Hannah Fitsch (Hg.):
Gender Technik Museum.
Strategien für Geschlechtergerechtigkeit in der Sammlungs-,
Ausstellungs-, Vermittlungs- und Personalpolitik technischer Museen
ZIFG, TU Berlin 2016
www.gendertechnikmuseum.de [1]
Weitere Informationen erteilt Ihnen gern:
Dr. Hannah FitschTU Berlin
Zentrum für Interdisziplinäre
Frauen- und Geschlechterforschung (ZIFG)
Tel.: 030/314-26974 (Sekretariat)
E-Mail-Anfrage [2]
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