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Am Institut für Literaturwissenschaft untersucht Humboldt-Stipendiat Leif Weatherby die Verbindung zwischen Kybernetik und Philosophie
- Leif Weatherby auf der Schillerhöhe im Deutschen Literaturarchiv in Marbach
[1]
- © privat
Berlin lässt ihn nicht los. Bereits zum zweiten Mal ist Dr. Leif Weatherby in der deutschen Hauptstadt, um seine Forschungsvorhaben, die eng mit der deutschen Geschichte verbunden sind, zu Ende zu bringen. 2011/12 war er als Fulbright-Stipendiat an der Humboldt-Universität zu Berlin, um seine Doktorarbeit „Transplanting the Metaphysical Organ: German Romanticism between Leibniz and Marx“ zu schreiben. Seit Juni 2017 ist er an der TU Berlin, als Humboldt-Stipendiat am Institut für Literaturwissenschaft. Hier will er sein Buch zum Thema „Das Reich der Redundanz oder wie die Kybernetik den deutschen Idealismus entdeckte“ vollenden.
Weatherby liebt Berlin, er mag das Tempo der Stadt. „Hier kann ich auch mal langsam laufen und gut dabei denken“, sagt er. In den USA, wo er an der New York University Assistenzprofessor für Germanistik ist, herrsche ein anderes Tempo. „Hektisch und schnell, aber auch schön“, sagt der 33-Jährige. Seine Leidenschaft für die deutsche Sprache packte ihn, als er feststellte, dass alle philosophi-schen Texte zwischen Kant und Nietzsche, die er las, ursprünglich auf Deutsch geschrieben waren. „Ich wollte die Texte im Original lesen“, sagt er, lernte die Sprache, machte den Bachelor in Germanistik. Von dem Punkt an war Deutsch sein Schicksal – und Berlin sollte die Stadt werden, um seine Forschungsvorhaben zu Ende zu bringen.
Sein aktuelles Projekt beschäftigt sich mit Kybernetik. Weatherby
entdeckte, dass sich die Wissenschaft von der Steuerung und Rege-lung
komplexer Systeme schon bei ihrer Entstehung in den USA kurz nach dem
Zweiten Weltkrieg fast ohne Ausnahmen mit dem deutschen Idealismus
befasste. „Es kommt immer wieder der Hinweis auf Kant, Hegel und
Fichte“, sagt er. Warum gerade der deut-sche Idealismus?, fragte er
sich. Der Ergründung dieser Frage widmet er seine Forschung.
„Berlin ist der ideale Ort, um Antworten zu finden“, sagt er.
Zum einen, weil er in Prof. Dr. Hans-Christian von Herrmann, Dekan der
Fakultät I Geistes- und Bildungswissenschaften, am Institut für
Philosophie, Literatur-, Wissenschafts- und Technikgeschichte einen
großzügigen Gastgeber gefunden hat, der mit ihm gerne sein Wissen
über den deutschen Philosophen Max Bense teilt, eine zentrale Figur
in der Arbeit Weatherbys. Zum anderen hat er in Berlin Zugang zum
Nachlass des Philosophen und Logikers Gotthard Günter, den die
Staatsbibliothek zu Berlin verwahrt. Und nicht zuletzt ist die TU
Berlin als Ort inspirierend. Denn bereits 1938, Jahre bevor die
Kybernetik-Bewegung in den USA ihren Anfang nahm, hielt der Physiker
Hermann Schmidt an der (damals noch) Technischen Hochschule (TH)
Berlin die weltweit ersten Vorlesungen über Allgemeine
Regelungskunde, die später als Kybernetik bekannt wurde. Schmidt
wurde 1944 Professor für Regelungstechnik an der TH Berlin, ab 1954
war er Professor ohne Fakultätszugehörigkeit an der TU Berlin. Dank
des Humboldt-Stipendiums für erfahrene Wissenschaftler kann sich
Weatherby ganz auf seine Forschung konzent-rieren. Noch das gesamte
akademische Jahr 2018/19 wird er Vorlesungen, Veranstaltungen und
Doktorandenkolloquien besuchen. „Das Anregende, das ich am Institut
von Hans-Christian von Herrmann erwartet habe, habe ich hier
gefunden“, sagt er. Und in seiner Freizeit? „Da streife ich gerne
über das Tempelhofer Feld.“ Und er lese viel. Was denn? Na ja, sagt
er und schmunzelt. „Neben Sciene Fiction, was ich natürlich auch
für meine Forschung brauche, einen Roman mit dem schönen Titel ‚I
hate the Internet‘.“
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