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Auf dem TU-Campus wurden viele neue Maßnahmen zur Barrierefreiheit angestoßen – doch es bleibt noch viel zu tun
- „In den meisten Hörsälen gibt es ausgewiesene Plätze für Behinderte, die mit dem Rollstuhl erreichbar sind“, sagt Ibrahim-Halil Öner, der bei der TU-Beauftragten für Studierende mit Behinderten und chronischen Krankheiten mitarbeitet, „doch der Weg dorthi
[1]
- © TU Berlin/Pressestelle/Ulrich Dahl
„In der Cafeteria kommt man mit dem
Rollstuhl nicht durch die Tür, der Tresen ist zu hoch, die Preise
klein gedruckt, auf dem Parkplatz ist das Behindertenschild verrostet
– es sind tausend Kleinigkeiten, die Behinderten die Teilnahme am
Alltagsleben vergällen“, sagt Ibrahim-Halil Öner. „Und es gibt
viele Studierende mit studienerschwerenden gesundheitlichen
Beeinträchtigungen an der TU Berlin. Nicht jede Behinderung ist
sofort sichtbar.“
Der 23-jährige Chemie-Student
im 7. Semester steht seit Mai 2012 als studentischer Mitarbeiter der
Diplompsychologin Mechthild Rolfes zur Seite, die im vergangenen Jahr
offiziell zur TU-Beauftragten für Studierende mit Behinderungen und
chronischen Krankheiten gemäß dem neuen Berliner Hochschulgesetz
(BerlHG) bestellt wurde. Gemeinsam wollen sie die Umwelt für die
Belange behinderter Menschen sensibilisieren.
Unter anderem
konnte bereits der Arbeitskreis „Barrierefreies Bauen“ neu belebt
werden, der nun neue Projekte anstößt und begleitet. „Es gibt doch
überraschend viele Barrieren für Menschen mit Handicap auf dem
Gelände der TU Berlin“, sagt Mechthild Rolfes. „Das zeigte im
vergangenen Jahr eine groß angelegte Studie meiner langjährigen
Mitarbeiterin Jana König“ (siehe Text unten).
Inzwischen
ist einiges auf dem Wege. Zum Beispiel vermaßen Studierende der
Geoinformatik in ihrem „Master-Web-Kurs“ den Campus Charlottenburg
und erstellten erste Karten. Ziel ist die Entwicklung eines
intelligenten Routingsystems, das Menschen mit
Mobilitätseinschränkungen Informationen bereitstellt und auch auf
Seh- und Hörbeeinträchtigte ausgedehnt werden soll. Aktualisierbare
Karten sollen später durch das IT-Servicecenter „tubIT“ in die
„tub2 go“-Web-App integriert werden. Auch die Markierung von
Stufen ist ein Thema. Die Abteilung Sicherheitstechnische Dienste und
Umweltschutz untersuchte die Sicherheit von Verkehrswegen und
erarbeitet gemeinsam mit der Bauabteilung einen Plan: Als erste
Maßnahme werden im Hauptgebäude etwa 500 Stufen, jeweils die erste
und die letzte eines Absatzes, markiert. Wichtig ist gerade für
Studierende natürlich auch ein barrierefreier Zugang zu den neuen
Räumen des AStA im TK-Gebäude (Thermodynamik und Kältetechnik).
Hier hat die Bauabteilung einen seitlichen Zugang mit einer Steigung
von nicht mehr als vier Prozent gebaut sowie einen Fahrstuhl im
Gebäude. „Gerade bei solchen Maßnahmen zeigt sich auch, wie
wichtig es ist, das große Ganze im Blick zu haben“, sagt Mechthild
Rolfes. So sei zum Beispiel diskutiert worden, ob eine extra
Schließung für den Behindertenaufzug notwendig sei. „Ich bin der
Meinung, dass so ein Aufzug auch zum Beispiel für Eltern mit
Kinderwagen zugänglich sein muss, ohne dass man dafür einen
Schlüssel beantragen oder abholen muss.“
Auch der Zugang
zum Hauptgebäude soll erleichtert werden. So wurde eine
unfallträchtige Holzrampe am Hintereingang entfernt und wird durch
eine bauliche Abflachung des Gehweges ersetzt. Am Eingang Ost wird
eine Bordsteinabsenkung durchgeführt werden. Sein geschultes Auge
wirft nun auch Ibrahim-Halil Öner auf die Rollstuhlgerechtigkeit von
Hörsälen, Aufzügen und Behindertentoiletten sowie auf die
Barrierefreiheit der Website. Gerade besuchte er
Erstsemesterveranstaltungen, um die Anwesenden für das Thema zu
sensibilisieren und Betroffene über ihre Rechte und
Beratungsmöglichkeiten zu informieren.
„Ich will nicht
ausschließlich auf den Studienabschluss fokussiert sein“, sagt er
zu seiner Motivation. „Mir ist das soziale Engagement ebenso
wichtig.“ Er kam über den Umweg der Sprache zur Beschäftigung mit
der Behindertenthematik. Neben seinen Muttersprachen Deutsch und
Türkisch spricht der gelernte chemisch-technische Assistent auch
Englisch und Spanisch und kennt sich ein wenig mit arabischer Schrift
aus. „Aus Interesse habe ich dann angefangen, die Deutsche
Gebärdensprache zu lernen, die von Hörbeeinträchtigten viel benutzt
wird.“
Ein ganz großes Anliegen ist dem Team um die
Behindertenbeauftragte für die Zukunft wichtig: der vorzeitige
behindertengerechte Umbau des U-Bahnhofs Ernst-Reuter-Platz.
Unterstützt vom TU-Präsidium wurde bereits die BVG
kontaktiert.
Was noch zu tun ist
Im Sommer 2011 wurden 48 Gebäude der TU Berlin
auf Barrierefreiheit untersucht. Nur sechs davon sind vollständig
selbstständig berollbar, 17 weitere sind erschlossen und – teils
allerdings kompliziert – zu erreichen. Bei anderen benötigt man
Hilfe, von sieben weiteren ist nur das Erdgeschoss erreichbar, zwölf
sind überhaupt nicht rollstuhlzugänglich. Das Letztere trifft auch
auf 14 von 90 Hörsälen zu. Ein durchgängiges Leitsystem fehlt,
Ausschilderungen sind ausschließlich an gut sehende Fußgängerinnen
und Fußgänger angepasst. Es gibt nur sehr wenige Beschilderungen in
Brailleschrift, ausgewiesene Notausgänge sind ebenfalls meist keine
barrierefreien Wege und Ausgänge. Die Selbstrettung im Brandfall wird
hier erschwert. Von den 27 Behindertenparkplätzen sind viele oft von
Liefer- und Baufahrzeugen zugeparkt. Der Hauptcampus ist am besten vom
weiter entfernten S-Bahnhof Tiergarten zu erreichen, der mit Fahrstuhl
ausgestattet ist. Der näher gelegene U-Bahnhof Ernst-Reuter-Platz ist
nicht behindertengerecht. Im Internet ist der vollständige Bericht
downloadbar.
www.tu-berlin.de/?id=40950
[2]
"TU intern" November 2012
- Online-Inhaltsverzeichnis [3]
- Hochschulzeitung "TU intern" - November 2012 [4]
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