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Die Universität hat den Abrechnungsmodus für Forschungsprojekte umgestellt – Wie die "Trennungsrechnung" funktioniert
Frau Stark, Herr Borchert, seit Januar 2010 ist an der TU Berlin die sogenannte "Trennungsrechnung" eingeführt, mit der eine verbindliche EU-Richtlinie umgesetzt wird. Welchen Grund gab es dafür?
Georg Borchert: Der europäische Gesetzgeber will vermeiden, dass mit staatlichen Mitteln Leistungen von Forschungseinrichtungen subventioniert werden und dadurch eine Wettbewerbsverzerrung verursacht wird. Alle Hochschulen müssen daher belegen, dass sie ihre Leistungen zum Beispiel im Auftrag eines Unternehmens subventionsfrei erbringen. Mit dem Instrument der Trennungsrechnung können wir dies der EU nun nachweisen. Die Bereiche, in denen die Universität wirtschaftlich arbeitet, werden von den nicht-wirtschaftlichen hoheitlichen Bereichen – wie Grundlagenforschung und Lehre – belegbar unterschieden.
Barbara Stark: Der EU-Gemeinschaftsrahmen gilt bereits seit Januar 2007, war aber mit einer Übergangsfrist für Hochschulen versehen. Wir wenden die EU-Vorgabe für alle wirtschaftlichen Aktivitäten an, die 2010 beginnen. Betroffen sind die Projekte, die im Auftrag von Unternehmen durchgeführt werden, mit denen klar beschriebene Dienstleistungen erbracht werden oder bei denen TU-Infrastruktur zur Verfügung gestellt wird. Nur hier müssen die Leistungen zu einem Preis erbracht werden, der sämtliche Kosten umfasst oder – wenn dies möglich ist – einem Marktpreis entspricht. So können die verbotenen Quersubventionen vermieden werden.
Stark: Im Bereich Dienstleistungen bieten unter anderem Ingenieurbüros ebenso wie wir etwa Messungen von Wasserqualität oder Luftgüte et cetera an. Sie könnten Belege verlangen, dass unser Angebot nicht subventioniert ist.
Borchert: Das Modell der Trennungsrechnung basiert auf der Kostenstellenrechnung, die wir schon seit Jahren durchführen und mit der wir die Kosten von Fachgebieten und Verwaltungsstellen ermitteln. Es ist uns daher in relativ kurzer Zeit gelungen, das Trennungsrechnungsmodell einschließlich eines Tools zur Kalkulation konkreter Projektkosten zu entwickeln.
Damit können die direkten Personal- und Sachkosten kalkuliert werden, die konkreten Ist-Kosten des beteiligten Haushaltspersonals, die Kosten für Geräte-Abschreibung und die Gemeinkosten, die sich anteilig für das Haushalts- und Drittmittelpersonal ergeben. Zu diesen indirekten Kosten zählen beispielsweise Gebäudekosten wie Mieten, Heizung, Beleuchtung oder Instandhaltung und auch Verwaltungskosten. Rechenbasis ist immer die Kostenstelle des Fachgebietes.
Borchert: Ja, der Gesamtaufwand, diesen Nachweis zu führen, ist hoch. Immerhin muss aus allen Zahlungen der TU Berlin die Mehrwertsteuer extra herausgerechnet werden. Die EU akzeptiert nämlich nur Nettobeträge.
Stark: In der Forschungsabteilung haben wir eine Arbeitsgruppe für die Trennungsrechnung eingerichtet, die Fragen rund um das neue Verfahren beantwortet. Wir haben zudem bereits mehrere Schulungen mit allen Fakultäten durchgeführt. Bei der Gelegenheit möchte ich gern allen beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihren Einsatz bei der Erarbeitung des Modells und jetzt bei der Durchführung ausdrücklich danken. Und auch den Professorinnen und Professoren, die sich so engagiert für die Weiterentwicklung des Modells eingesetzt haben.
Im Vorfeld gab es Kritik und Zweifel. Die Wissenschaftler befürchteten Nachteile. Wie ist man damit umgegangen?
Stark: Das stimmt. Es gab viele Diskussionsrunden und eine Arbeitsgruppe. Man hörte sich die unterschiedlichsten Bedenken an. Auch hat sich das Präsidium intensiv dem Thema gewidmet. Viele Anregungen flossen in das nun beschlossene Modell ein. Jetzt sind wir auf einem guten Weg und können auch – neben der normalen Beratung – Sondertatbestände extra besprechen.
Borchert: Gewinn – den sieht die EU-Richtlinie vor – und, soweit nicht gebraucht, der Risikoaufschlag bleiben in den Fachgebieten. Die Gemeinkosten werden aufgeteilt, analog der TU-Regelung zur DFG-Programmpauschale. Dem Präsidium war es wichtig, dass die Fachgebiete einen Nutzen für sich sehen.
Stark: Wir werden für den Auftraggeber in der Regel teurer. Die Auftragsforschung hat aber bislang schon viel gekostet, man hat es nur nicht wirklich gesehen, da die Universitäten die Preise bislang nicht auf der Basis der konkreten Ist-Kosten kalkuliert haben. Mit der Trennungsrechnung werden diese Kosten transparent und ermöglichen auch eine Unterscheidung zu den Kosten der Lehre. Außerdem werden wir versuchen, von der reinen Auftragsforschung mehr in Richtung Kooperation mit Unternehmen zu kommen, bei der die Ergebnisse der Forschungsarbeit zunächst bei der TU Berlin verbleiben und über die Nutzung der Rechte ein bestmöglicher Preis verhandelt wird.
Borchert: Ich glaube nicht. Die TU-Forschung hat ein sehr gutes Image und wird geschätzt. Bisher hat die Industrie dafür zu wenig gezahlt. Die Trennungsrechnung hat das belegt. Wer dieses Qualitätslabel haben will, muss es angemessen finanzieren.
Nicht-wirtschaftliche (hoheitliche) Tätigkeiten einer Hochschule:
- Ausbildung/Lehre
- Grundlagenforschung
- Verwertung von Forschungsergebnissen im nicht-wirtschaftlichen Bereich
Wirtschaftliche (gewerbliche) Tätigkeiten einer Hochschule:
- Auftragsforschung
- Dienstleistungen, Beratung und Gutachten für gewerbliche Unternehmen
- Vermietung von Forschungsinfrastruktur
Für wirtschaftliche Tätigkeiten fällt im Normalfall für die zugehörigen Entgelte Umsatzsteuer an.
Bei Fragen zur Trennungsrechnung helfen Ihnen gern:
- Petra Berg-Hoffmann, Tel.: 314-2 96 96
petra.berg-hoffmann@tu-berlin.de - Anne Bamberg, Tel.: 314-2 98 34
anne.schwara@tu-berlin.de - Eve Möckel, Tel.: 314-2 53 89
eve.moeckel@tu-berlin.de