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Pflanzen, Tiere und Denkmalschutz auf dem Jüdischen Friedhof Berlin-Weißensee
- Die Natur bricht sich heute Bahn zwischen den Denkmälern des Todes
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- © TU Berlin/Moritz von der Lippe
Fledermäuse, Füchse und
Laufkäfer, Flechten, Moose und viele andere Pflanzen sind hier zu
Hause. Auf einem der größten jüdischen Friedhöfe Europas im
Berliner Ortsteil Weißensee ist die Natur auf dem Vormarsch. In den
rund 115 000 Grabstellen ruhen viele herausragende Persönlichkeiten,
insbesondere aus dem Kaiserreich und der Weimarer Republik, wie der
Publizist Theodor Wolff und der Verleger Samuel Fischer. Doch heute
sprießen hier Farne und Efeu aus der Erde. Die Grabsteine sind von
Flechten und Moosen überzogen, Vögel hinterlassen ihre Spuren. Für
viele Naturliebhaber ist dies ein schützenswerter Lebensraum, andere
sehen darin den Verfall eines national bedeutsamen Denkmals. Infolge
des Holocaust können meist keine Nachfahren mehr die Pflege der
Gräber veranlassen. Doch nach dem jüdischen Glauben bestehen die
Grabstätten für die Ewigkeit und werden nicht neu belegt.
Das Landesdenkmalamt arbeitet derzeit an einem Antrag zur Aufnahme
des Friedhofs in das UNESCO-Weltkulturerbe. Eine Frage dabei ist: Wie
mit der Natur auf dem Friedhof umgehen?
[2]
- © TU Berlin/Moritz von der Lippe
Forscher der TU Berlin wollen
nun Natur- und Denkmalschutz verknüpfen. In einem Modellprojekt
sammeln sie Daten über die vorkommenden Pflanzen- und Tierarten sowie
über den Zustand der Grabfelder. Ziel ist die Entwicklung eines
Leitbildes zur Pflege des 42 Hektar großen Friedhofareals. „Wo
Wurzeln sich ihren Weg bahnen, wo Tiere einen Lebensraum finden, die
sonst im Stadtgebiet keine Chance mehr haben, werden Grabmäler unter
Umständen beschädigt. Der geschichtsbedingte Verfall macht aus dem
kulturhistorischen Denkmal aber auch einen wertvollen ökologischen
Lebensraum“, sagt Ingo Kowarik. Der Professor für Ökosystemkunde
und Pflanzenökologie leitet das Projekt, das die Deutsche
Bundesstiftung Umwelt mit mehr als 300 000 Euro fördert. „Wir
wollen nun in enger Zusammenarbeit mit dem Landesdenkmalamt, dem
Centrum Judaicum und der Jüdischen Gemeinde Berlin einen Weg finden,
Natur- und Denkmalschutz zu verbinden.“ Er kooperiert dabei auch mit
seinem Kollegen Johannes Cramer vom TU-Fachgebiet Bau- und
Stadtbaugeschichte, der in einem vorigen Projekt die baulichen Anlagen
des Friedhofs systematisch erfasst und deren Substanz und
Pflegezustand umfassend dokumentiert hatte. Professor Kowarik und die
Wissenschaftler seines Teams katalogisieren nun Tier- und
Pflanzenarten auf dem Friedhof und pflegen sie in ein geografisches
Informationssystem (GIS) ein. „So wollen wir später in
verschiedenen Pflege-Szenarien deutlich machen, wie auf dem Friedhof
Natur- und Denkmalschutz verbunden werden können“, so Dr. Moritz
von der Lippe, Ökologe und Wissenschaftler im Team. „Beispielsweise
prüfen wir, wie der Gehölzaufwuchs die Grabstellen beeinflusst und
mit welchen Maßnahmen wir Natur und Kultur gleichermaßen bewahren
können.“ Das Projekt ist auf diese Weise ganz im Sinne der
Welterbe-Konvention ausgerichtet. Auch die UNESCO will Umweltschutz
und Denkmalpflege miteinander in Einklang bringen.
www.oekosys.tu-berlin.de [3]
"TU intern" November 2012
- Online-Inhaltsverzeichnis [4]
- Hochschulzeitung "TU intern" - November 2012 [5]
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